Sunshine Ranch - Abenteuer im Wilden Westen

"Amy?" fragte Dustin leise und sah dabei zu wie Amy die Hand wieder von dem Griff nahm. Einen Moment zögerte er, dann beugte er sich zu ihr hinüber und gab ihr einen sanften Kuss auf die Lippen. Er spürte wie sie sich verspannte und setzte sich eilig wieder hinter den Fahrersitz. Tut mir leid." meinte er leise und sah stur gerade aus durch die Frontscheibe.

Nick
Unruhig wälzte Nick sich im Schlaf hin und her. Er wachte immer wieder auf, und spürte die Übelkeit, eine Nachwirkung des Giftes. Schließlich dämmerte es und eine Krankenschwester eilte in sein Zimmer. In den letzten Stunden war die Übelkeit immer weite abgeklungen und mittlerweile war sie ganz verflogen. "Wenn du dich soweit gut fühlst, dann bist du jetzt entlassen." informierte sie ihn. "Du musst nur noch kurz diese Formular ausfüllen, und du kannst gerne von hier anrufen." fügte sie hinzu und lächelte. Eilig kritzelte Nick seine Unterschrift auf das Blatt Papier, dann wusch er sich und zog seine normale Kleidung wieder an. Nick kramte etwas Kleingeld aus den Taschen und warf es in das Münztelefon, er hoffte dass Jemand auf der Ranch abnahm.

Nach einer kühlen Verabschiedung war Amy aus Dustins Wagen gestiegen und zum Haupthaus der Ranch hinübergelaufen. In der Küche hatte sie sich ein Glas aus einem der Schränke genommen, war zum Spülbecken getreten und hatte sich Wasser hineingelassen. Sie sah aus dem Fenster, während sie Schluck für Schluck das Glas leerte, bevor sie ins Spülbecken stellte. Dustin war schon längst davongefahren, aber sie spürte noch immer seinen sanften Kuss auf ihren Lippen. Er war wirklich ein toller Junge, zumal sein Kuss sich nicht einmal so schlecht angefühlt hatte - nur existierte da jemand, der Amy noch wichtiger war. Hoffentlich würde Nick heute entlassen werden! Schuldgefühle stiegen in Amy hoch. Sie hätte nicht mit Dustin ausgehen dürfen. Wobei - Nick war nicht ihr Freund und eigentlich war sie ihm zu nichts verpflichtet. Trotzdem fühlte sich Amy ein bisschen unbehaglich. In diesem Moment riss das Klingeln des Telefons sie aus ihren Gedanken. Amy trat schnell zum Telefon, so dass ihre Tante und ihr Onkel womöglich nicht noch geweckt wurden. Weil sie mit einem Unfall oder einem sonstigen Notfall rechnete, klang ihre Stimme aufgeregt, als sie sich meldete. "Sunshine Ranch, Amy Fleming am Apparat?"

Nick räusperte sich überrascht als er Amys Stimme am anderen Ende der Leitung vernahm. Er hatte gedacht es würden noch alle schlafen, und die sachliche Stimme die er schließlich vernommen hatte hätte er nicht mit Amy in Verbindung gebracht. "Ähm...Am?Ich bin's Nick." fand Nick seine Sprache schließlich wieder. "Ich bin entlassen worden und wollte fragen ob irgendjemand mich abholen kann." erklärte Nick die Situation, dann schwieg er. War es nicht zu viel verlangt dass ihn Jemand zur Ranch kutschierte? Immerhin hatte er dort noch keine Stunde gearbeitet, und dennoch verlangte er dass Jemand aufsprang und ihn abholte sobald er rief. "Es muss auch nicht sofort sein. Macht mir nichts aus zu warten oder so." fügte Nick eilig hinzu. Er hoffte Amy hatte nun keinen schlechten Eindruck von ihm.

"Nick", stiess Amy ebenso überrascht hervor und überlegte nur kurz, ehe sie eine Entscheidung fällte. "Ach was, natürlich holen wir dich jetzt ab! Ich werde dich nicht einfach so in der Kälte draussen stehen lassen, Nick! Ich werde Onkel Douglas wecken und dann kommen wir. Warte einfach auf dem Parkplatz vor dem Krankenhaus, wir werden dich schon sehen. Bis dann", meinte Amy und wartete Nicks Reaktion gar nicht weiter ab, sondern legte auf und stürmte eine Sekunde später schon die Treppe in den ersten Stock hoch, wo sich die Schlafzimmer befanden. Ohne zu zögern, riss sie die Schlafzimmertür ihres Onkels auf, der getrennt von Tante Mary schlief, weil er angeblich schnarchte. Aber das war jetzt nicht wichtig. Unsanft weckte ihn Amy und meinte, dass Nick entlassen worden sei, da stand Douglas auch schon auf und zog sich um. Wenige Minuten später befanden Amy und ihr Onkel sich im Jeep auf dem Weg zum Krankenhaus.

Etwas verdutzt hatte Nick den Telefonhörer noch einige Sekunden in der Hand gehalten, und dann aufgelegt. Mit solch eine Reaktion hatte er jetzt nicht gerechnet. Er verabschiedete sich von der Schwester dann lief er nach Draußen und suchte sich einen schattigen Platz. Es war zwar noch früh am Morgen, aber die Sonne lies keine Zweifel daran dass es wieder warm werden würde. Mit einem leisen seuftzen lies Nick sich auf einen Stein nieder und sah wartend in die Ferne, wie lange es wohl dauern würde?

Es kam Amy wie eine Ewigkeit vor, aber schliesslich erreichten sie den ort, in dem das Krankenhaus stand. Amy hatte Douglas über Nick informiert und ihr Onkel hatte sich sofort dazu bereit erklärt, mit dem Jeep aufzubrechen, obwohl er Nick bisher nur einmal gesehen hatte. Das fand Amy wirklich grossartig von ihm. Und sie merkte, dass sie mit jedem Meter, den sie mit dem Auto zurücklegte, nervöser wurde. Warum war sie so aufgeregt, dass ihr sogar die Hände zitterten? Schnell schob Amy ihre Hände unter ihre Oberschenkel, damit ihr Onkel das Zittern nicht bemerkte, und sah angestrengt nach draussen. Konnte es wirklich sein, dass sie sich vom einen auf den anderen Moment in Nick verliebt hatte? Aber die grösste Frage war immer noch, was er für sie empfand. Endlich bog Douglas auf den Parkplatz des Krankenhauses ab und Amy konnte Nick auf einem Stein sitzend entdecken. Sie wartete nicht, bis Douglas richtig angehalten hatte, sondern sprang aus dem Auto und lief zügig zu Nick. "Hi", begrüsste sie ihn und lächelte. Er sah schon viel besser aus als das letzte Mal, an dem sie ihn gesehen hatte.

"Hi." brachte Nick etwas atemlos hervor. Auch wenn sich Amys Bild bestimmt schon Tausend mal in seinen Kopf geschlichen hatten, war ihr Anblick in Natura doch anders. "Ich hoffe ich habe nicht zu große Umstände gemacht." fügte er zerknirscht hinzu und sah zu dem Wagen hinüber aus dem Amy gesprungen war. Ein Mann saß hinter dem Steuer, vermutlich Amys Onkel, und sein Arbeitsgeber. *Toller erster Eindruck Nick. Lass dich gleich zu Beginn von ihm in der Gegend herum kutschieren, ohne vorher auch nur etwas für sie gearbeitet zu haben* tadelte Nick sich. Dann jedoch riss er sich zusammen und ging neben Amy zu dem Wagen. Nicks Herz klopfte nervös als er die Tür öffnete und dem Mann entgegen Blickte. "Vielen Dank dass Sie mich so schnell abgeholt haben, Sir." bedankte sich Nickt und sah dem Mann ernst an. Er meinte es wirklich so wie er es gesagt hatte.

"Ach was, du machst uns doch keinerlei Umstände!", meinte Amy und öffnete die Tür zur Rückbank. Sie wollte nicht, dass Nick alleine dort sitzen musste, während sie auf dem Beifahrersitz Platz nahm, deshalb kletterte sie kurzerhand auf die Rückbank. "Amy hat Recht", meinte Douglas jetzt an Nick gewandt. Er lächelte ihm freundlich zu. "Und es ist doch selbstverständlich, dass wir dich gleich abholen, wenn du aus dem Krankenhaus kommst. Ich nehme an, dass es dir in diesem Fall wieder besser geht?" Douglas wartete, bis Nick eingestiegen war, dann lenkte er den Wagen vom Parkplatz des Krankenhauses und bog auf die Autobahn ein, die um diese Zeit fast völlig leer war.

"Ja, viel besser. Die Ärzte meinten zwar ich soll nicht gleich einen Marathon laufen, und alles etwas langsamer angehen, aber soweit bin ich wieder fitt." antwortete Nick. Er sah aus dem Fenster, wie die Wüste an ihnen vorbei zog, und irgendwie kam ihn der Weg heute sehr kurz vor. Vielleicht lag es an Douglas' Gesellschaft und vielleicht auch an der von Amy, doch als Nick schließlich ausstieg war er froh wieder auf der Ranch zu sein. Er wurde in die Küche geführt wo bereits ein ordentliches Frühstück aufgefahren worden war, und Nick nahm gegenüber von einem jungen Typen platz. Als er ihn jedoch erkannte musste Nick sich zu einem Lächeln zwingen. Dustin. "Oh hallo Douglas, hallo Amy, ihr seid ja schon wieder zurück. Dustin ist eben auch erst angekommen. Er hat angeboten dauerhaft hier zu bleiben, und uns zu helfen. Natürlich nur wenn wir alle einverstanden sind." schallte eine Stimme aus der Küche, Nick nahm an sie gehörte Amys Tante.

Überrascht riss Amy die Augen auf, als sie den jungen Mann am Tisch erkannte. Es war kein anderer als Dustin. Mit ihm hätte sie jetzt am wenigsten gerechnet. Obwohl... Sie erinnerte sich an den vergangenen Abend. Sie selbst hatte Dustin ja vorgeschlagen, hier mit anzupacken, wenn sie richtig darüber nachdachte. Wortlos setzte sie sich auf den Stuhl neben Nick. "Hey, Amy", begrüsste Dustin sie und beugte sich zu ihr hinüber, um ihr einen Kuss auf die Wange zu drücken. Amy wusste nicht, wie sie reagieren sollte, und versteifte sich. Zum Glück drängte Dustin sich nicht weiter auf. "Hey, Dustin", murmelte sie und starrte auf ihren Teller hinunter. Da kam Amys Tante Mary aus der Küche, ein Tuch in der Hand. "Ach, hallo Nick, ich dachte, du seiest noch im Krankenhaus?", wandte sie sich an Nick. Unsicher griff Amy nach einer Brotscheibe und begann, sie mit Marmelade zu bestreichen.

Nick hatte sich schwer beherrschen müssen um nicht gleich wieder auf zu springen als Dustin Amy einen Kuss gab. Was war denn bitte gestern noch passiert? Er war doch nicht einmal 24 Stunden im Krankenhaus gewesen, oder? Nick konnte sich nicht erinnern. Er nahm dankbar den Kaffee von Mary entgegen. "Ja, da war ich bis eben auch. Aber glücklicherweise haben sie mich entlassen." erklärte Nick und lächelte. Als Macy sich jedoch wieder ab wand warf Nick einen grimmigen Blick zu Dustin, dann nahm auch er sich eine Brotscheibe und bestrich sie mit Kräzerquark. Das konnte ja heiter werden wenn Dustin nun auch hier wohnte.

Amy bemerkte den grimmigen Blick, den Nick Dustin zuwarf, der diesen seinerseits mit einem Grinsen erwiderte. Waren die beiden etwa eifersüchtig aufeinander? Dabei kannten sie sich doch kaum - und Amy auch nicht. Und trotzdem schienen sie schon einen Grund zu haben, so zu reagieren, ansonsten hätten sie es ja nicht getan. Amy biss in ihre Brotscheibe und kaute nachdenklich darauf herum, während Tante Mary sich aufgeregt mit Onkel Douglas unterhielt. Eine Weile lang vermied es Amy, ihr zuzuhören, doch als sie auf den Staudamm zu sprechen kam, wurde sie hellhörig. "Der Fluss liefert zurzeit zu wenig Wasser. Der Staudamm ist fast leer", meinte Tante Mary. "Aber wir müssen irgendwie an Wasser kommen, ansonsten weisst du ja, was passiert." Onkel Douglas' Stimme klang so besorgt, dass Amy schlucken musste. Was war denn da los?

Auch Nick hatte seine Feindseeligkeit gegenüber Dustin beiseite gelegt als er die aufgeregten Stimmen hörte. Das klang alles gar nicht gut. Vorsichtig legte Nickt das unberührte Brot auf seinen Teller und sah Douglas und Mary an. "Ich denke es wäre für alle Beteiligten das Beste wenn wir bescheid wissen." versuchte er Informationen zu entlocken. Dustin schnaubte genervt. "Na das liegt doch auf der Hand. Leere Staudamm, kein Wasser, kein Leben in der Wüste." fasste Dustin sich kurz. Man sah im deutlich an das er es als nervig betrachtete Nick über die Situatuon auf zu klären die er seit Kindheitstagen an kannte. Douglas nickte,. "Stimmt da ist aber noch ein weiterer Aspekt." räumte er ein.

"Und was ist das für ein Aspekt?", mischte Amy sich ein und sah zwischen ihrer Tante und ihrem Onkel hin und her. Was war da im Busch? Was verheimlichten sie ihr? "Ihr werdet wahrscheinlich sowieso so lange nachbohren, bis ihr es erfahrt, darum erzähle ich es euch lieber gleich. Wir wissen nicht, ob ein Leben hier überhaupt noch möglich sein wird." Onkel Douglas seufzte. Amy schluckte. "Was?!", flüsterte sie heiser. Sie hatte die Ranch doch immer so geliebt! Sie liebte es, durch die Wüste zu galoppieren, und liebte es, wilde Tiere zu beobachten. Und das sollte sie jetzt alles nicht mehr können? "Noch ist es ja nicht so weit, aber der Staudamm ist morsch und um einen Neuen zu bauen fehlt Western Paradise Zeit und Geld. Ausserdem bräuchten sie dazu auch noch spezialisierte Leute und der letzte ist vor ein paar Monaten verstorben. Früher oder später wird der Staudamm brechen und das ganze Gebiet wird überflutet werden", erklärte Tante Mary mit schwerer Stimme.

Nick riss die Augen auf. "Aber es muss doch noch irgendwo anders auf der Welt Jemanden geben der diesen Damm reparieren kann." protestierte er. Wenn das stimmen sollte, dann war der Damm eine tickende Zeitbombe. "Und irgendwie muss man doch Geld auftreiben können. Ihr habt doch früher solche erfolgreichen Pferde gezüchtet, warum jetzt nicht mehr?" fragte Nick. Er konnte diese Information kaum verwirklichen. Dustin jedoch lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Er schien sich der Sache schon länger im Klaren gewesen zu sein.

"Ach, Nick, wenn wir doch nur durch eine erfolgreiche Pferdezucht diese Probleme vergessen könnten. Aber das können wir nicht", erklärte Tante Mary und seufzte. "In dieser kurzen Zeit, die uns noch bleibt, wird es uns nicht gelingen, ein so gutes Fohlen zu züchten, zumal die Stute es ja zuerst einmal austragen muss. Und Western Paradise hat in den letzten Jahren zu viele Schulden gemacht, um sich einen Mann leisten zu können, der sich dazu bereit erklärt, den Staudamm zu reparieren. Hier in dieser Gegend sind sowieso ziemlich alle knapp bei Kasse", fügte Onkel Douglas hinzu. Amy schluckte. "Das heisst... Ihr müsst die Ranch verkaufen?", fragte sie. "Wenn wir die nächsten Monatsraten nicht bezahlen können, wird die Sunshine Ranch zwangsversteigert", flüsterte Tante Mary und schluchzte auf. Amy konnte diesen Anblick ihrer sonst so fröhlichen Tante nicht ertragen. Hastig stand sie auf und warf dabei den Stuhl um, auf dem sie soeben gesessen hatte. "Mist", murmelte sie und bückte sich, um den Stuhl wieder aufzustellen.

Nick war zusammen gezuckt als der Stuhl umgefallen war. "Verstehe." murmelte er leise. So wie es aussah gab es keinen Weg die Ranch zu retten. Ein unbehagliches Schweigen lag über der Küche, niemand schien den Gedanken aussprechen zu wollen. Unter dem Tisch ballte Nick die Fäuste. Und nun? Sollten sie einfach so in den Tag hinein leben, jeden Moment bereit auf zu springen und die Ranch zu verlassen? Irgendeine Lösung musste es doch geben, und wenn er selber zu dem Damm reiten würde.

Hastig hatte Amy den Stuhl wieder an seinen Platz zurückgestellt und nahm ihre weinende Tante in die Arme, die völlig am Ende zu sein schien. Aber würde es Amy nicht ähnlich ergehen, wenn sie sich in Douglas' und ihrer Lage befänden? Wenn ein jahrelang sorgfältig aufgebautes Gestüt plötzlich aufgegeben werden sollte, weil die Bank Geld wollte? Und dann war da auch noch das Problem mit dem Staudamm. Es könnte wirklich jeden Moment der Zeitpunkt kommen, wo er ausbrechen würde. Amy schluckte, während sie Tante Marys Schluchzer hörte. Ansonsten wurde im Raum weiterhin geschwiegen. Aber was gab es auch zu sagen? Die Lage erschien hoffnungslos zu sein.